Als eine Gruppe von Tierversuchsgegnern haben wir 2012 mit einer Bürgeranfrage im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes versucht, Transparenz über die stark umstrittenen Primatenversuche an der Universität Bochum herbeizuführen.
Insbesondere haben wir am 15.05.2012 gefragt, seit wann Versuche mit Primaten an der Uni Bochum von der zuständigen und verantwortlichen Behörde genehmigt wurden, siehe hier.
LANUV NRW antwortete uns am 27.07.2012, dass sie es nicht wußte und nach dem Informationsfreiheitsgesetz auch nicht zu wissen hatte, Punkt. Siehe hier.
Hallo? Eine Behörde ist gemäß Tierschutzgesetz § 8 zuständig und verantwortlich für die Genehmigung von anzeigenpflichtigen Versuchen an Tieren, die auch gesetzlich zeitlich einzuschränken sind, und sie weiß nicht, seit wann diese Versuche genehmigt wurden?! Hallo?
Glücklicherweise konnte LANUV NRW mit Hilfe seiner Aufsichtsbehörde, das Umweltministerium NRW, seine Gedächtnislücken überwinden, hurra hurra.
Im Rahmen der Petition, die wir beim Landtag NRW am 16.08.2013 eingereicht haben, um die Erhebung der öffentlichen Klage im Interesse der Allgemeinheit wegen Vorwürfen der Verstöße gegen das Tierschutzgesetz §§ 7 und 8 zu bewirken, hat das Umweltministerium NRW dem Landtag NRW die gewünschten Daten am 22.05.2014 vorgelegt. Na bitte, es geht doch…
Daraus geht hervor, dass ununterbrochen über 22 Jahre Versuche an Makaken zur Untersuchung der verschiedenen Aspekte ihrer Auge-Hand-Koordination genehmigt wurden:
Auskunft vom Umweltministerium NRW in seiner Stellungnahme zur Petition Nr. I.3/16-P-2014-04842-01, den Petentinnen am 22.05.2014 vom Landtag NRW übermittelt:
1. Genehmigung von 1990-1995
2. Genehmigung von 1995-1999
3. Genehmigung von 1999-2004
4. Genehmigung von 2004-2009
5. Genehmigung von 2009-2012
Nach Auskunft der Behörde LANUV NRW wurden alle noch überlebenden Tiere 2012 getötet und die Versuche per 31.08.2012 endgültig eingestellt: Die Erforschung der Auge-Hand-Koordination von Makaken sei seit 22 Jahren abgeschlossen. Wie schön für die Wissenschaft.
Die Bürger, die diese Forschung komplett mit Steuergeld finanziert haben, dürfen allerdings nach Tierschutzgesetz § 8 berechtigt fragen, was diese Erforschung der Auge-Hand-Koordination von Makaken über zwei Jahrzehnten für ein angestrebtes Nutzen hatte und was für brauchbare Erkenntnisse für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Mensch oder Tier sie gebracht hat.
Den Petentinnen liegen jedoch – trotz durch Gebührenerhebungen teuer bezahlter Fragen im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes (siehe hier) – keine Auskünfte über die Ziele einschließlich des zu erwartenden Nutzens der jeweiligen 5 Genehmigungen zwischen 1990 und 2012 vor. Brauchbare Erkenntnisse für die Gesundheit oder das Wohlbefinden von Menschen nach 22 Jahren Forschung an Makaken an der Universität Bochum liegen den Petentinnen auch nicht vor.
Der einzige Hinweis auf ein brauchbares Ergebnis, der von der genehmigenden Behörde LANUV NRW 2012 den Petentinnen geliefert wurde, scheidet als vernünftigen Grund gemäß § 1 Tierschutzgesetz für das Zufügen von Schmerzen und Leiden an den Tieren sowie für deren Tötung indiskutabel aus, und hätte bei dem hierzu angegebenen Forschungszwecks zu einer strikten Verweigerung der Genehmigung bereits ein paar Jahre vor 2006 führen müssen:
Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum Nr. 378 vom 07.12.2007:
Das Hirn des Torwarts beim Elfmeter – Spickzettel half Jens Lehmann tatsächlich wie man seine Reaktion verbessern kann
Blitzschnell hechtete Jens Lehmann, Torwart der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-WM 2006, genau in die richtige Ecke und hielt zwei von vier Elfmeterschüssen der Argentinier auf sein Tor – Argentinien war besiegt, Lehmann ein Star. Welche Rolle hat dabei der Spickzettel gespielt, auf den Lehmann zwischen den Torschüssen immer mal wieder blickte? Hat es geholfen, zu lesen, dass Cruz häufig nach rechts schießt und Ayala nach links unten? Diese Frage versuchen Neurobiologen der Ruhr-Universität um Prof. Dr. Klaus-Peter Hoffmann zu beantworten. Sie untersuchen den Zusammenhang zwischen Vorhersagbarkeit und der Reaktionszeit bestimmter Bewegungen steuernder Nervenzellen im Gehirn.
.
Siehe auch hierzu einen Blog-Artikel vom 24.05.2014 der Petentin Jocelyne Lopez:
Umweltminister Johannes Remmel opfert 50 Makaken für 2 Fußballtore
Die genehmigende Behörde hat nachträglich in ihrer Antwort vom 01.11.2013 an die Petentinnen allgemein gehaltene Ausführungen über die Erforschung von menschlichen Erkrankungen in der Grundlagenforschung mit Primaten vorgehalten, wie zum Beispiel Parkinson, Alzheimer oder Multiple Sklerose, obwohl von ihr trotz gezielten Fragen der Petentinnen nicht belegt wurde, dass solche Forschungszwecke mit solchen zu erwartenden Nutzen bei dem Forschungsvorhaben in Bochum verfolgt wurden. Das Umweltministerium hat in seiner Stellungnahme an den Landtag NRW, die den Petentinnen am 22.05.2014 übermittelt wurde, lediglich mit einer ganzen Reihe von Publikationen der Ruhr-Universität nachgeschmissen, die jedoch einzig die Hirnfunktionen von Makaken betreffen, wobei die Tiere auch nicht unter solchen menschlichen Erkrankungen gelitten haben.
Die Erfolglosigkeit der Erforschung von solchen menschlichen Erkrankungen nach ca. 40-50 Jahren Hirnforschung mit Affen an den verschiedenen Forschungsstandorten in Deutschland, ist in der Fachwelt weltweit seit Jahrzehnten eingehend analysiert worden und ist auf die bekannte Problematik der mangelnden Übertragbarkeit der Ergebnisse von Tierversuchen auf Menschen zurückzuführen. Es wird auch in der Hirnforschung mit Affen am falschen Organismus geforscht, wie zum Beispiel von der führenden Organisation für eine Forschung ohne Tierversuche Ärzte gegen Tierversuche e.V. aufgeklärt wird:
Hirnforschung an Affen – Grausam und sinnlos
Kein kleines Menschenhirn
Es heißt, die Hirnforschung diene angeblich dazu, das menschliche Gehirn besser zu verstehen, um eines fernen Tages Therapien gegen Alzheimer und Parkinson entwickeln zu können. Affen sind von allen Tieren dem Menschen am ähnlichsten, aber wie groß ist die Ähnlichkeit wirklich? Aysha Akhtar, M.D., M.P.H. (1), Neurologin aus Washington, USA, hat einige neuroanatomische und neuro-physiologische Unterschiede zusammengetragen:
• Die Hauptentwicklungsphase des Affenhirns dauert 136 Tage, die des menschlichen Gehirns 470 Tage (2).
• Die menschliche Hirnrinde hat eine 10-mal größere Oberfläche als die des Affen (3).
• Der V1-Bereich (ein Teil der Sehrinde) macht beim Affen 10 % der gesamten Hirnrinde aus, beim Menschen nur 3 % (4).
• Identische Bereiche in der Sehrinde haben bei Affe und Mensch ganz unterschiedliche Funktionen (5,6).
• Ein menschliches Neuron hat 7.000 bis 10.000 Synapsen (Verbindungen zu anderen Neuronen), beim Rhesusaffen sind es nur 2.000 bis 6.000 (2).
• Menschen haben zur Verarbeitung von visuellen Reizen Hirnbereiche, die es beim Affen gar nicht gibt (7).
• Das menschliche Gehirn hat Areale, die es beim Affen nicht gibt: für Sprache, Lesen, Singen, Gedichte schreiben, Rechnen, Sport, abstraktes Denken (8).
• Eine Schädigung eines bestimmten Bereichs des motorischen Systems verursacht beim Menschen Akinesie, einen kompletten Ausfall von Sprache und Muskel-bewegungen. Beim Affen hingegen gibt es nur eine geringe Beeinträchtigung (9).
• Eine Schädigung des Scheitellappens, eines Abschnitts des Großhirns, ruft beim Menschen Apraxie hervor, eine Störung von Bewegungsabläufen und die Unfähigkeit bei erhaltener Bewegungsfähigkeit Gegenstände sinnvoll zu verwenden. Die gleiche Schädigung beim Affen verursacht lediglich geringfügige Muskelstörungen (9)
Forschung an Affenhirnen erlaubt Aussagen über die Funktion des Affenhirns – mehr nicht. Will man etwas über das menschliche Gehirn erfahren, muss das »Zielhirn« untersucht werden und nicht das einer anderen Tierart. Ethisch vertretbare Forschung am Zielorgan, dem menschlichen Gehirn, ist möglich. Die heutigen Technologien erlauben den Forschern das Gehirn bis ins kleinste Detail zu untersuchen – ohne Löcher in den Schädel zu bohren. Mit modernen bildgebenden Verfahren wie Magnetresonanz- oder Positronenemissions-Tomographie kann die Verarbeitung von Nervenreizen im Gehirn von Freiwilligen untersucht werden. Diese Art der Forschung liefert relevante Daten, die menschlichen Patienten, die an Alzheimer, Parkinson oder anderen neurologischen Erkrankungen leiden, tatsächlich helfen können.
Die genehmigende Behörde hat nicht nur wiederholt gegen §§ 7 und 8 Tierschutzgesetz verstoßen und hoch empfindliche Tiere über 22 Jahre grausam und sinnlos quälen und töten lassen, sondern auch den Steuerzahlern den Forschungsmüll der Universität Bochum aufgezwungen.
.
.
.
In Liebe und zärtlichem Gedenken der vergessenen Tiere,
in Stehsärgen ohne Nächte und Tage,
in den Forschungslaboratorien von Medizin und Wissenschaft,
denn sie sind die Opfer eines endlosen, irren Verbrechens.
(anonym)
.
————————————-
Siehe auch in diesem Gesamtkontext:
Tierversuche: Wir werden belogen – auch im Fall Andreas Kreiter in Bremen
Übertragbarkeit der Ergebnisse der Tierversuche auf Menschen: Wir werden belogen – auch im Fall Andreas Kreiter
Über eine Million Euro Steuergelder für die Affenversuche des Andreas Kreiter
Petition an Minister Johannes Remmel: Gräuel-Affenlabor COVANCE schließen!
.