Blog – Jocelyne Lopez

Verwaltungsgericht Düsseldorf oder wie schnell man das Informationsfreiheitsgesetz aushebeln kann

Ich verweise auf meine Kommentare als Klägerin über das Urteil 26 K 2277/13 des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 07.02.2014:

Verwaltungsgericht Düsseldorf hebelt das Informationsfreiheitsgesetz aus

Für meine Auskunftsersuche im Rahmen des Informations-freiheitsgesetzes zur Herbeiführung der notwendigen Transparenz bei den von LANUV NRW genehmigten Primatenversuchen an der Ruhruniversität Bochum, habe ich Anspruch auf Gebührenbefreiung wegen öffentlichem Interesse geltend gemacht, sowie auch vorher eine Mitstreiterin in derselben Angelegenheit. Diese Versuche werden seit Jahrzehnten im Land NRW und sogar bundesweit in der Öffentlichkeit stark umstritten. Aufgrund der Antworte der Behörde LANUV NRW wurde auch Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Bochum wegen Vorwurf des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz erstattet, sowie eine Petition  beim Landtag NRW eingereicht, die aktuell noch bearbeitet wird.

Mein Anspruch auf Gebührenbefreiung bei diesem eindeutigen Fall von öffentlichem Interesse beruht auf folgenden gesetzlichen Bestimmungen:

Das Informationsfreiheitsgesetz des Lands Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) regelt nur die Gebührenbefreiung im Falle der Billigkeit zur Vermeidung sozialer Härten, jedoch nicht im Falle des öffentlichen Interesses, ein Fall, der dort dementsprechend unberührt bleibt:

IFG NRW § 11 Abs.2:

Die Landesregierung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Landtags-ausschuss für Innere Verwaltung und Verwaltungsstrukturreform die Gebührentat-bestände und die Gebühren durch Rechtsverordnung (Gebührenordnung) zu bestimmen. Die Bestimmungen des Gebührengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen bleiben im Übrigen unberührt.   [Hervorhebung durch mich]

Da der Fall der Gebührenbefreiung bei öffentlichem Interesse einzig im Gebührengesetz NRW geregelt ist, gilt dementsprechend einzig in solchen Fällen das Gebührengesetz NRW § 6 – der Richter bestätigt auch im schriftlichen Urteil vom 07.02.2014, dass ein Rückgriff auf das Gebührengesetz NRW im Rahmen des IFG NRW grundsätzlich zulässig ist:

Gebürengesetz NRW – § 6 Ermäßigung und Befreiung:

Aus Gründen der Billigkeit, insbesondere zur Vermeidung sozialer Härten, kann Gebührenermäßigung und Auslagenermäßigung sowie Gebührenbefreiung und Auslagenbefreiung vorgesehen und zugelassen werden. Dasselbe gilt für Amtshandlungen, die einem von der handelnden Behörde wahrzunehmenden öffentlichen Interesse dienen.  [Hervorhebung durch mich]

Dass die Gebührenbefreiung im Falle eines öffentlichen Interesses schon lange vor der Verabschiedung des IFG NRW als anerkanntes Recht für die Bürger bestand, beweist auch die eindeutige Formulierung der geltenden Verwaltungsgebührensatzung der Stadt Recklinghausen (Sitz des LANUV) vom 07.11.2000:

Amtsblatt Nr. 35 vom 04.12.2000 – § 4 – Sachliche Gebührenfreiheit – Absatz 2:

Gebühren werden nicht erhoben für besondere Leistungen, die überwiegend im öffentlichen Interesse vorgenommen werden.

Es kann nicht im Sinne des Gesetzgebers des IFG NRW gewesen sein, die Bürger mit dem neuen Gesetz schlechter zu stellen als vorher. Würde also der Fall der Gebührenbefreiung bei öffentlichem Interesse nur wegen einer Verschachtelung der Formulierungen und der Gesetze aus dem IFG NRW völlig eliminiert werden, würde es einer Aushebelung des Sinnes des Informationsfreiheitgesetzes entsprechen, das für ehrenamtlich gesellschaftlich engagierte Bürger dann unpraktikabel wäre.

Sowohl die Behörde LANUV NRW als auch der Richter, der unübersehbar in diesem Fall ausschließlich als Vertreter der Interessen der Behörde auftrat,  haben diese Verschachtelung zwischen zwei geltenden Gesetzen des Landes NRW ausgenutzt, um das Recht der Bürger auf Gebührenbefreiung in den Fällen von öffentlichem Interesse zu beseitigen.

Dementsprechend kann durch eine finanzielle Abschreckung bis zu 500 Euro pro Auskunftsersuche die überwiegende Mehrheit der gesellschaftlich engagierten Bürger lahmgelegt werden, die  überwiegend ehrenamtlich tätig sind. So schnell und so wirksam kann man ein unliebsames Bestreben von Bürgern nach Transparenz über Handlungen einer Behörde ausschalten.

Dass die Erhebung von Gebühren im Rahmen des IFG NRW nach Auffassung des Richters auch vom Gesetzgeber als Abschreckung der Bürger gewollt worden sei, hat er unverblümt während der mündlichen Verhandlung dargelegt, siehe meine Berichtserstattungen:

Verwaltungsgericht Düsseldorf: Die Bürger sind alle Heinis und Tussis

Verwaltungsgericht Düsseldorf: Was will diese Tussi von uns?

sowie:

Bürgeranfrage an LANUV NRW wegen Affenlabor COVANCE und Gebührenerhebung

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© Bild Norbert Fenske – Photografically



Comments

  1. März 14th, 2014 | 07:59

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  2. März 14th, 2014 | 08:00

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  3. März 14th, 2014 | 08:04

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  4. März 14th, 2014 | 08:05

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  5. März 14th, 2014 | 08:05

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  6. März 14th, 2014 | 08:06

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  7. März 14th, 2014 | 08:08

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  8. März 14th, 2014 | 08:08

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  9. März 14th, 2014 | 08:09

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  10. März 14th, 2014 | 08:10

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  11. März 14th, 2014 | 08:10

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  12. März 15th, 2014 | 20:35

    […] Verwaltungsgericht Düsseldorf oder wie schnell man das Informationsfreiheitsgesetz aushebeln kann […]

  13. März 21st, 2014 | 07:28

    […] Verwaltungsgericht Düsseldorf oder wie schnell man das Informationsfreiheitsgesetz aushebeln kann […]

  14. März 22nd, 2014 | 08:50

    […] verweise auf meinen Eintrag Verwaltungsgericht Düsseldorf oder wie schnell man das Informationsfreiheitsgesetz aushebeln kann über das Urteils 26 K 2277/13 des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 07.02.2014, das sowohl den […]

  15. Mai 28th, 2014 | 11:16

    […] durch Gebührenerhebungen teuer bezahlter Fragen im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes (siehe hier) – keine Auskünfte über die Ziele einschließlich des zu erwartenden Nutzens der jeweiligen  5 […]

  16. Mai 29th, 2014 | 07:54

    […] an die Behörde gerichtet wurde (die sie sich auch durch Gebührenerhebungen über das Verwaltungsgericht  Düsseldorf von den anfragenden Bürgern teuer bezahlen lassen hat), geht hervor: […]

  17. Juli 11th, 2014 | 16:52

    […] Verwaltungsgericht Düsseldorf oder wie schnell man das Informationsfreiheitsgesetz aushebeln kann […]