6. November 2020
Corona-Lockdown: Droht tatsächlich eine akute nationale Gesundheitsnotlage?
Auch in der Online-Plattform Telepolis werden Zweifel über die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit eines 2. Lockdowns geäußert, siehe einen ausführlichen und sehr recherchierten Artikel von Prof. Dr. Christof Kuhbandner vom 29.10.2020:
Corona-Lockdown: Droht tatsächlich eine akute nationale Gesundheitsnotlage?
Nachstehend ein paar Auszüge:
[…] Eines der zentralen Argumente dafür, dass eine nationale Gesundheitsnotlage drohen könnte, ist der berichtete Anstieg in der Anzahl der „COVID-19-Intensivpatienten“.
[…]
Die Problematik der Diagnostik bei den „COVID-19-Intensivpatienten“
In der Tat ist laut den Tagesreporten des DIVI-Intensivregisters die Anzahl der Intensivpatienten mit Diagnose „COVID-19“ in den letzten Wochen stark gestiegen. Eine offizielle Antwort auf eine Anfrage an das DIVI-Intensivregister zur Diagnostik von „COVID-19-Intensivpatienten“ offenbart aber ein fundamentales diagnostisches Problem. Dort wird bestätigt, dass (1) jeder Intensivpatient – unabhängig von der Symptomatik – mit einem SARS-CoV-2-PCR-Test getestet wird und (2) jeder Intensivpatient – unabhängig von der Symptomatik – mit einem positiven SARS-CoV-2-PCR-Testergebnis als „COVID-19-Intensivpatient“ geführt wird. Letzteres wird auch in einer offiziellen Antwort des RKI auf eine entsprechende Anfrage bestätigt. Selbst wenn demnach beispielsweise eine Person wegen eines Autounfalls auf Intensivstation liegen würde und ein positives SARS-CoV-2-PCR-Testergebnis aufweist ohne jede weitere COVID-19-spezifische Symptomatik, würde diese Person als „COVID-19-Intensivpatient“ zählen.
Eine solche Art der Diagnostik bringt aber ein fundamentales Problem mit sich: Womöglich werden manche Intensivpatienten als „COVID-19-Intensivpatienten“ geführt, obwohl sie keinerlei COVID-19-spezifische Krankheitssymptome aufweisen und in Wirklichkeit aufgrund von anderen Ursachen auf der Intensivstation liegen. Der beobachtete starke Anstieg in der Anzahl der Intensivpatienten mit positiven PCR-Testergebnissen muss demnach nicht notwendigerweise einen starken Anstieg in der Anzahl der Patienten mit COVID-19-spezifischen Krankheits-symptomen bedeuten.
[…]
Diese Ergebnisse zeigen, dass beim Vorhandensein harmloserer Coronaviren substantielle Falsch-Positiv-Raten auftreten können.1 Das ist insbesondere deswegen problematisch, weil in der aktuellen Jahreszeit ein Anstieg von Infektionen mit harmloseren Coronaviren zu erwarten ist.
Die folgende Abbildung zeigt die Ergebnisse einer aktuellen Studie [CK2]zum saisonalen Verlauf von Coronavirus-Infektionen in den letzten Jahren. Wie man sieht, ist ein Anstieg der Coronavirus-Fallzahlen in der aktuellen Jahreszeit relativ typisch:
[…]
Schlussfolgerungen
Die beschriebenen Befunde legen nahe, dass in Wirklichkeit keine nationale Gesundheitsnotlage droht. Weder ist die Gesamtanzahl der belegten Intensivbetten in den letzten Wochen gestiegen, noch die Gesamtanzahl der stationär behandelten SARI-Fälle, noch die Anzahl der Atemwegserkrankungen in der Bevölkerung. Das einzige, was gestiegen ist, ist die Anzahl der Personen mit positiven SARS-CoV-2 Testergebnissen, was angesichts der sich häufenden Meldungen von falsch-positiven Testergebnissen daran liegen könnte, dass viele Labore Single-Target-Tests ohne Bestätigungstest einsetzen, so dass die erhaltenen positiven Testergebnisse womöglich zum Teil eher den üblichen saisonal bedingten Anstieg harmloserer Coronaviren widerspiegeln, als einen dramatischen Anstieg in SARS-CoV-2-Infektionen.
Da die zentrale Begründung für den drohenden „Lockdown 2.0“ ein Anstieg der SARS-CoV-2-Fallzahlen und eine drohende Überlastung des Gesundheitssystems ist, wäre die politische Entscheidung zur Verordnung des Lockdowns fundamental zu hinterfragen. […]