Blog – Jocelyne Lopez

Ein Mathematiker ist kein dummer Computer

Ich verweise auf meinen Eintrag Die mystische Lichtgeschwindigkeit Einsteins über eine Aussage von Dr. Markus Pössel, Mitarbeiter vom Albert Einstein Institut aus seiner Diskussion Einstein verstehen: Ein Blogexperiment, Teil I, die ich im MAHAG-Forum zur Diskussion gestellt habe, da Dr. Pössel sie zurzeit in seinem Blog nicht tiefgehender behandeln möchte. Es handelt sich um eine Aussage aus seiner Antwort an den Teilnehmer Reiner Bergner vom 15.05.11:

15.05.11 – Zitat Dr. Markus Pössel:

[…] Die bessere Analogie wären die (wahrscheinlich tatsächlich geeichten!) Geschwindigkeitsmessgeräte der Polizei. Die zeigen doch, potzblitz, tatsächlich für ein und dasselbe Auto eine andere Geschwindigkeit an, je nachdem, ob der Polizeiwagen, in dem das Messinstrument installiert ist, am Straßenrand steht oder dem zu überprüfenden Fahrzeug hinterherfährt! Und das ganz ohne Ärger mit dem Eichamt.

Ich gebe weitere Austausche über diese Aussage aus dem MAHAG-Forum wieder, die weiterhin Anlaß zu einer regen Beteiligung gibt: 

 

25.05.11 – Zitat von Jocelyne Lopez:

c+v steht hier für die Transformation von Galilei – wer die Diskussion aus den vorherigen Seiten gefolgt hat, hat das schon verstanden: Ich behaupte ja die ganze Zeit, dass die Laserpistolen die Transformation von Galilei c +/- v anzeigen, wenn mit dem Licht gemessen wird. 

Die angezeigte Geschwindigkeit v_Zielobjekt + v_Beobachter (v1+v2) entspricht der Geschwindigkeit, die als Maßstab gewählt wurde: v_Licht + v_Beobachter. Die angezeigte Geschwindigkeit entspricht also der Geschwindigkeitsaddition von Galilei (c+v) übertragen auf die Relation v_Beobachter Polizei + v_Zielobjekt (v1+v2). Die beiden bei der Messung verglichenen Geschwindigkeiten (c+v) und (v1+v2) stehen in strenger physikalischer, meßtechnischer und mathematischer Relation.

 

25.05.11 – Zitat von Veritatibus:

Sie geben ja die Geschwindigkeit des Zielobjekt in Bezug zur Strasse mit 150km/h an, und die des Beobachters mit 100km/h. Sie sagen weiter (v1 + v2) entspricht v_Licht + v_Beobachter. v_Beobachter ist bei ihnen auch gleich v2, damit sagen sie also: 

v_Licht + v_Beobachter = v1 + v2 = c + v2
v1 + v2 = c + v2
hier kürzt sich v2 auf beiden Seiten raus:
v1 + v2 = c + v2 | – v2

und es bleibt dann:

v1 = c.

Nach ihrer Formel und Aussage hier, würde dann jede Laserpistole dann immer c anzeigen und messen. Sie sollten das doch noch mal überdenken.

 

25.05.11 – Zitat von Jocelyne Lopez:

Sie sollen es aus der physikalischen Sicht ansehen, und nicht gleich mathematisch verarbeiten: Man darf kein Meßergebnis „rauskürzen“ (!), ein Meßergebnis ist ein Unikum – das macht nur Einstein, der die Geschwindigkeit eines bewegten Beoachters mathematisch simsalabim aus der Welt schafft, als ob sie nicht existieren würde… 
[…]
Hier machen Sie den gleichen Denkfehler wie Einstein: Sie kürzen den Beobachter raus

Und wer soll das Licht bei der Messung beobachtet haben?
Und wie wollen Sie die unendlich vielen Beobachter bzw. die unendlich vielen Gleichungen unter sich vergleichen?

Ja sicher, man kann mathematisch innerhalb einer Gleichung den Beobachter herauskürzen, das machen Sie, das macht auch Einstein. Aber was ergibt sich physikalisch für einen Sinn daraus? Was für ein seltsames Weltbild ergibt sich daraus? 

Dass das Licht absolut ist und nicht relativ? Dass keine Beobachter existieren?
Am Anfang war das Licht und es ist dabei geblieben, der „alte Herr“ hat sich gleich zur Ruhe gesetzt? 

Oder soll das bedeuten, dass es nur einen einzigen Beobachter gibt, der sich auch nur selbst beobachten und nur die Illusion haben kann, dass er existiert? Ist es Solypsismus? 

Was macht es für einen Sinn, den Beobachter bei einer Gleichung über eine Messung verschwinden zu lassen? Ja, sicher, das macht den Sinn, dass man das Licht als beobachterunabhängig postulieren kann, kein Wunder, wenn es keinen Beobachter gibt… Aber physikalisch, was macht es denn für einen Sinn? Was ergibt sich daraus für ein seltsames Weltbild?

 

26.05.11 – Zitat von Veritatibus:

Ich sehe es physikalisch und auch mathematisch richtig. Ihre Formel ist einfach falsch. Und das hat auch nichts mit Einstein zu tun. v2 ist nach ihrer Angabe die Geschwindigkeit des Beobachters, wenn Sie die auf beiden Seiten der Gleichung haben, hat sie einfach keine Wirkung. Ganz einfach Mathematik. Wenn sie Formeln schreiben, sollten die doch auch nach den üblichen Rechenregeln zu rechnen sein. 

Wer sagt, man darf nicht kürzen? Wer auch immer, es ist falsch.

 

26.05.11 – Zitat von Jocelyne Lopez:

Vorsicht!! Da sind wir eben mit einem konkreten Beispiel an einer Situation angelangt, wo die Schwäche bzw. die Grenze der Mathematik ersichtlich sind, und das sagen auch einsichtige Mathematiker: Es geht nicht, dass man die „üblichen Rechenregel“ der Mathematik blind anwendet, ohne bei jedem Rechenschritt zu überlegen, was man dabei tut und was jeder Rechenschritt in der Realität bedeutet – das kann zu unlösbaren Paradoxen und zu haarsträubenden Absurditäten führen. Die Mathematik befreit niemanden davon Schritt für Schritt zu überlegen, was er rechnet und ob seine Rechenschritte einen Sinn in der Realität machen. Ein Mathematiker ist kein dummer Computer, der nur blind Rechenschritte ausführt, nach den Regeln, die man ihm vorprogrammiert hat, ein Mathematiker ist ein denkender Mensch bzw. soll er ein solcher sein.

Das hat z.B. ein einsichtiger Mathematiker vor vielen Jahren im Forum von Ekkehard Friebe demonstriert, mit zwei Beispielen, die ausführlich untersucht und debattiert wurden. Bei dem ersten Beispiel hat er gezeigt, dass die korrekte Anwendung von mathematischen Rechenregeln zu dem absurden Ergebnis geführt hat, dass Passagiere aus einem Bus aussteigen, bevor sie eingestiegen sind, siehe die Diskussion Ist die Mathematik eine Wissenschaft oder nur eine Sprache?:

28.12.2006 – Zitat von Sammylight

Hallo Jocelyne!

Ich finde auch, dass „0,52 Apfel“ eine sinnlose Aussage ist. Auch negative Zahlen haben in der Realität oft nichts zu suchen, z.B.

In einem Bus befinden sich 5 Fahrgäste. An der nächsten Haltestelle steigen 7 Fahrgäste aus. Wiederum an der nächsten Haltestelle steigen 2 Fahrgäste ein – jetzt ist der Bus bis auf den Fahrer leer.

Mathematisch gibt es hier überhaupt kein Problem. In der Realität doch – denn es können ja nicht mehr Personen aussteigen als überhaupt vorhanden sind. Es gibt ja auch keine „negativen Personen“ – zumindest nicht in dieser Definition ; – ) . Es hat ja auch eine ganze Zeit gedauert bis die Mathematiker folgende Dinge benutzt haben:

Die Null,
negative Zahlen,
gebrochene Zahlen (z.B. 1/2),
irrationale Zahlen (z.B. PI),
komplexe Zahlen (z.B. 5 + 3I).
[…]
Für mich gibt es zwei Möglichkeiten Mathematik zu betreiben:

a) Mathematik zum Selbstzweck
Man kann z.B. bereits mit den ganzen Zahlen Bücherweise tiefsinnige Dinge beweisen, usw. => Zahlentheorie, …
Da kommen reale Dinge sowieso nicht vor, sondern nur mathematische Objekte. Daher hat man hier wenig Probleme aber auch keine Anwendung.

b) Mathematik in der Anwendung
Man möchte ein konkretes Problem lösen und nutzt die Mathematik. Dabei muss man aber immer darüber nachdenken was man tut und sich in jedem Rechenschritt selbst fragen ob das noch Sinn macht. Oft werden dabei auch abstrakte Methoden benutzt, die in a) entwickelt worden sind.
Falls man aber bei der Rechnung etwas sinnloses getan hat (wie in obigem Beispiel mit dem Bus) bekommt man auch ein sinnfreies Resultat.

Die reine Mathematik hat also meiner Meinung nach keinen Anspruch darauf, die Realität wiederzugeben (nicht mehr). Sie ist per Definition „richtig“, denn sie basiert auf Axiomen die als „richtig“ definiert wurden und es gibt keinen Fehler in den aus den Axiomen folgenden Sätzen, denn diese Sätze werden streng bewiesen.

Ich las mal ein Zitat: „Die Mathematik ist dazu da unsere Gedanken zu ordnen.“ Ich denke das trifft es ganz gut.
[…]
Die Anzahl k der Fahrgäste ist Element der „natürlichen Zahlen und Null“, also k = 0,1,2,3,4,… Ich bezeichne diese Menge mit N0.

Version 1:
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Zitat:
In einem Bus befinden sich 5 Fahrgäste.
k = 5

Zitat:
An der nächsten Haltestelle steigen 7 Fahrgäste aus. Wiederum an der nächsten Haltestelle steigen 2 Fahrgäste ein
k‘ = k-7+2 = k+2-7

Zitat:
jetzt ist der Bus bis auf den Fahrer leer
k‘ = k+2-7 = 5+2-7 = 0
Hier gibt es mathematisch kein Problem.

Version 2:
————

Zitat:
In einem Bus befinden sich 5 Fahrgäste.
k = 5

Zitat:
An der nächsten Haltestelle steigen 7 Fahrgäste aus.
k‘ = k-7 = -2 NICHT MÖGLICH da k‘ nicht Element von N0
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Je nachdem wie die Realität in die Mathematik abgebildet wird, liefert uns hier die Mathematik den Fehler oder auch nicht.

Zitat Jocelyne Lopez: „Was passiert denn wenn Sie Ihren Apfel teilen. Haben sie dann zweimal einen Apfel?“

Ich würde sagen, wir haben dann überhaupt keinen Apfel mehr, sondern nur noch zwei Apfelteile.
In Wahrheit also 1 / 2 = 0, eine mathematisch sehr problematische Aussage.  

Das Problem ist doch, dass man erstmal mathematisch definieren muss, was ein Apfel überhaupt ist. Das stelle ich mir alles andere als einfach vor.

Die Mathematik nimmt uns das Denken nicht, denke ich

Z.B. haben wir ein Rechteck, deren Seitem a und b die Längen genau so haben, dass 4 a = 6 b gilt.
Daraus mache ich jetzt

4 a = 6 b
14 a – 10 a = 21 b – 15 b
15 b – 10 a = 21 b – 14 a
5(3b – 2a) = 7(3b – 2a)
5 = 7

Aus 5 = 7 kann man dann alles beliebige Beweisen. Natürlich gibt es hier auch einen Fehler, aber man muss sich halt immer in jedem Rechenschritt fragen ob es Sinn macht was man tut.