Blog – Jocelyne Lopez

Karl Popper: Wir Intellektuellen haben schauerliche Dinge gemacht, wir sind eine große Gefahr.

In der Homepage von Wolfgang Neundorf werden Auszüge eines Interviews von Karl Popper mit der Zeitung „DIE WELT“ zitiert:

Wolfgang Neundorf:

Erinnern wir uns doch eines Interviews, welches Karl Popper (1902-1994, siehe Foto) der Zeitung DIE WELT am 29. Januar 1990 gab (1991 veröffentlicht als Taschenbuch bei Ullstein unter dem Titel „Ich weiß, daß ich nichts weiß – und kaum das„):

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Popper: Wir Intellektuellen haben schauerliche Dinge gemacht, wir sind eine große Gefahr. Wir bilden uns viel ein – wir wissen nicht, wie wenig wir wissen. Und wir Intellektuellen sind nicht nur anmaßend, sondern auch bestechlich.

WELT: Materiell bestechlich?

Popper: Ich meine nicht nur mit Geld, sondern auch bestechlich durch Ansehen, Macht, Einfluß und so weiter. Das ist leider so. Man müßte auch hier eine neue Mode schaffen. Ich hoffe, daß es für Intellektuelle einmal modern werden wird, bescheiden zu sein. Das ginge schon. Natürlich bin ich nicht der beste Mann, um eine neue Mode zu kreieren.

WELT: Welchen „Modetrend“ erkennen Sie heute bei den Intellektuellen?

Popper: Sie machen aus Theorien Ideologien. Selbst in der Physik und in der Biologie gibt es leider viele Ideologien. […] Überall, auch in diesen Fachbereichen, gibt es einen Dogmatismus, gegen den es schwierig ist, sich durchzusetzen. […] Die Intellektuellen sind unkritisch und gehen mit den Moden, und es gibt einen starken Druck. Das heißt: Wer nicht mit der Mode geht, der steht bald außerhalb des Kreises derer, die ernst genommen werden.

WELT: Würden Sie so weit gehen und sagen daß durch diesen Anpassungsdruck die Wissenschaft gefährdet ist?

Popper: Ich bin ein begeisterter Anhänger der Wissenschaft. Physik und Biologie sind für mich großartige Wissenschaften, und ich halte die meisten Physiker und Biologen für sehr gescheit und gewissenhaft. Aber: Sie stehen unter Druck. Diesen Druck gibt es erst seit dem zweiten Weltkrieg, seitdem so viel Geld für die Wissenschaft ausgegeben wird.

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Wolfgang Neundorf: Diese Aussagen sind aktueller denn je. Gerade weil Popper alles andere als ein Wissenschaftsgegner und Technikfeind war, sollte man seine Aussagen durchaus ernst nehmen. Denn er erkannte eine Entwicklung – im und nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzend, wie er bemerkte -, die sich letztlich nicht unbedingt als förderlich für den wahren Erkenntnisfortschritt herausstellte.



Comments

  1. Februar 22nd, 2008 | 16:18

    […] die siegreiche Mafia?” stammt, sowie auch auf die schon in diesem Blog zitierten Aussagen von Karl Popper aus einem Interview mit der Zeitung „DIE WELT” 1990: Wir Intellektuellen haben […]

  2. April 13th, 2010 | 07:41

    […] ist das Wesentliche in der Wissenschaft Die Verantwortung des Herrn Prof. Dr. Jürgen Richter Karl Popper: Wir Intellektuellen haben schauerliche Dinge gemacht, wir sind eine große Gefahr. zurück nach oben | Veröffentlicht in Kritik der […]