8. März 2008
Und das Grundgesetz, Frau Dr. Schavan, ist das für die Katz?
Ich komme zurück auf meinen Eintrag in diesem Blog Hat Frau Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung, die Dokumentation der Forschungsgruppe G.O. Mueller prüfen lassen?
Frau Dr. Annette Schavan ließ mich nämlich per E-Mail am 14.08.2006 auf meine Nachfrage nach dem Stand der Prüfung der Dokumentation der Forschungsgruppe G.O. Mueller – die seit mehreren Jahren dem Bundesministerium für Bildung und Forschung vorliegt – von seinem Mitarbeiter Prof. Dr. Jürgen Richter mitteilen, dass „die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung unter den Experten in der Wissenschaft selbst zu diskutieren seien„.
Schön und gut, Frau Dr. Schavan.
Aber wo bleiben bitte die „Experte in der Wissenschaft„, die über diese Dokumentation zu diskutieren haben? Wann gedenkt Ihr Mitarbeiter, Prof. Dr. Jürgen Richter, die Ergebnisse der Prüfung dieser Dokumentation durch die Experte des Staates mitzuteilen?
Oder verfügen Sie etwa als Bundesministerin für Bildung und Forschung über gar keine „Experte in der Wissenschaft„, die kompetent sind, diese Dokumentation auf Stichhaltigkeit zu prüfen? Na, Sie sind aber arm dran, Frau Dr. Schavan. Dabei sind doch die verbeamteten Mitarbeiter des Staates für die Lehrbücher und Lehrinhalte des öffentlichen Bildungssystems verantwortlich, die die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung an Millionen von Schülern und Studenten eine Generation nach der anderen tradieren und vermitteln.
Oder hat etwa Ihr Mitarbeiter Prof. Dr. Jürgen Richter die Dokumentation überhaupt nicht prüfen lassen und sie etwa einfach lautlos „entsorgt„? Hat bedauerlicherweise Ihr Mitarbeiter Prof. Dr. Jürgen Richter die Verfassung dieses Landes nicht gelesen, als er seinen Amtseid abgab, insbesondere den Art. 5 § 3 Grundgesetz über die Wissenschaftsfreiheit? Na, dann wäre es aber Zeit, dass er dieses Versäumnis nachholt, zum Beispiel durch Studieren des „Bonner Kommentar zum Grundgesetz“ Seite 19 bis 163, da könnten ihm ein paar Pflichten bzw. Versäumnisse einfallen, z.B.:
Die Wissenschaftsfreiheit zwingt nicht zuletzt dazu, die Vielfalt der wissenschaftlichen Ansätze im Sinne eines Wissenschaftspluralismus mit dem darin liegenden Innovationspotential zu respektieren, zu schützen und zu fördern; für den Staat führt dies zu einem Gebot der Nicht-Identifikation (Seite 41).
Die Förderung der Wissenschaft durch den Staat muß dem „Gebot meinungsneutraler Wissenschaftspflege“ entsprechen (Seite 34).
der Staat, „der sich als Kulturstaat versteht“, hat „die Pflege der freien Wissenschaft und ihre Vermittlung an die nächstfolgende Generation durch Bereitstellung von personellen, finanziellen und organisatorischen Mitteln zu ermöglichen und zu fördern“ (S. 28-29)
Für die „freie wissenschaftliche Entfaltung“ … „reicht es nicht aus, in Art. 5 Abs. 3 GG nur den Schutz der individuellen Freiheit des beamteten Wissenschaftlers zu erblicken“ (S. 21)
Der Staat (hat) durch geeignete organisatorische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass das Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung so weit unangetastet bleibt …“ (S. 22).
Übergeordnetes Ziel ist die Organisation eines ‘freiheitlichen Wissenschaftspluralismus‘ …“ (S. 23).
Die Wissenschaftsfreiheit ist mehr als ein Spezialfall der Meinungsfreiheit des beamteten Hochschullehrers“ (Seite 40)
„Der Wissenschaftler muss das eigene Forschungsresultat zum bisherigen Stand der Erkenntnisse in Bezug setzen und sich zumindest ansatzweise mit Gegenpositionen auseinandersetzen. […] Das Verfassungsgericht verfährt bei der Anwendung dieser Kriterien sehr großzügig („weit zu verstehende(r) Wissenschaftsbegriff“) und spricht einem Werk die Wissenschaftlichkeit nur dann ab, wenn „es nicht auf Wahrheitserkenntnis gerichtet ist, sondern vorgefaßten Meinungen und Ergebnissen lediglich den Anschein wissenschaftlicher Gewinnung oder Nachweisbarkeit verleiht“. Indiz dafür ist „die systematische Ausblendung von Fakten, Quellen, Ansichten und Ergebnissen, die die Auffassung des Autors in Frage stellen“ (S. 42).
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Es wäre doch Zeit, Frau Dr. Annette Schavan, dass Ihr Mitarbeiter Prof. Dr. Jürgen Richter sich mit seinen Pflichten und Aufgaben gemäß Grundgesetz im Interesse der Allgemeinheit in einem Kulturstaat auseinandersetzt.
Oder ist das Grundgesetz dieses Landes für die Katz?
(Jocelyne Lopez)