Blog – Jocelyne Lopez

17 – Das Forschungsprojekt G.O. Mueller zieht eine Zwischenbilanz

Nachstehend 17. Abschnitt der bisher unveröffentlichen Arbeit Das Forschungs-
projekt G.O. Mueller zieht eine Zwischenbilanz
, die im Forum von Ekkehard Friebe als Fortsetzungsreihe vorgestellt wird:

1963, Juli – Die Unfehlbarkeit der Relativitäts-Physiker soll ins Pressegesetz

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom April 1963 mit der Niederlage der „Physikalischen Blätter“ und ihres Herausgebers E. Brüche durch drei Instanzen und der Verurteilung zum Abdruck der Gegendarstellung von K. Nowak hat der „Verband Deutscher Physikalischer Gesellschaften“ – also die vereinigten deutschen Physiker aller Arbeitsgebiete – auf Anregung des Ober-Relativisten Max Born und seines Kollegen W. Westphal in seinem Vorstand eine Entschließung in 12 Punkten gefaßt.

Zur Autorschaft des Entschließungstextes wird folgendes gesagt; angeregt haben Born und Westphal; Born hat einen Entwurf vorgelegt; es hat „Anregungen und Hinweise von physikalischer und juristischer Seite“ gegeben; die endgültige und beschlossene Fassung hat E. Brüche unter „weitgehender Anpassung an den Entwurf von Prof. Born formuliert„. Die Sache wurde also von den größten Experten unter allseitiger Zustimmung auf den Weg gebracht.

Der Inhalt der Entschließung in Kürze: Das BGH-Urteil gegen die „Physikalischen Blätter“ hat einen „fundamentalen Mangel … für die wissenschaftliche Literatur aufgezeigt„. Der Verband muß auf eine Änderung des Gesetzes dringen in dem Sinne, daß – anders als bisher – Gegendarstellungen nichts Unwahres enthalten dürfen, und die Feststellung der Wahrheit oder Unwahrheit von Gegendarstellungen ist schließlich Sache der obersten Wissenschaftler. Die „angestrengte Arbeit zahlloser ernsthafter Forscher“ darf nicht mehr der Gefahr ausgesetzt werden, von Pseudowissenschaftlern kritisiert oder gar abgelehnt zu werden. Wenn einem Redakteur einer wissenschaftlichen Zeitschrift Fehler unterlaufen (dies wird immerhin für möglich gehalten), so sollen sie korrigiert werden. Gegendarstellungen mit „offenkundig falschen Angaben tatsächlicher oder wissenschaftlicher Art“ dürfen nicht abgedruckt werden.

Die Beurteilung der Richtigkeit oder Falschheit wissenschaftlicher Angaben (Punkt 8 ) „ist Sache der wissenschaftlichen Welt. Nur sie ist in der Lage, zu sagen, was nach dem Stand der Wissenschaft offenkundig falsch ist, nicht der wissenschaftliche Laie und auch nicht der Jurist. In Zweifelsfällen könnte der Vorstand des Verbandes oder eine von ihm ernannte Kommission zuständig sein … oder ein Gutachten des Patentamtes eingeholt werden …“ Im nächsten Punkt 9 wird der Anlaß und zugleich des Pudels Kern ausdrücklich genannt: die Relativitätstheorie ist eine „allgemein anerkannte Lehre„. Nach diesem Rezept würden allein die Relativisten aus „der wissenschaftlichen Welt“ mit Gesetzeskraft bestimmen können, was richtig ist. Alles Abweichende wäre dann falsch und dürfte in Gegendarstellungen nicht abgedruckt werden. Diese Posse erreicht ihren Höhepunkt im letzten Punkt 12, der auf die „ausdrückliche Erwähnung der Wissenschaft und Forschung“ im Grundgesetz Art. 5, III hinweist und auf den Bonner Kommentar, der die wissenschaftliche Forschung als lebenswichtige Grundlage und Existenzfrage des gesamten deutschen Volkes„. Der Art. 5 GG scheint die Zensur zu begründen (anstatt die Wissenschaftsfreiheit). Mit diesen Hinweisen wird die Relativitätstheorie in die Existenzgrundlagen des deutschen Volkes hineingemogelt – wenn das kein Höhepunkt ist!

Dieser Traum aller Relativisten (und gleichgelagerten Propagandisten in anderen Fachgebieten) ist glücklicherweise nur während einer Vorstandssitzung geträumt worden. Die Entschließung wurde etwas gekürzt in den „Physikalischen Blättern“ abgekürzt, ein vollständiger Abdruck für die „Physikalischen Verhandlungen des VDPG“ angekündigt. Über die Pflicht der Physiker, „gegen die gesetzlichen Grundlagen dieses Urteils zu kämpfen“ (Punkt 9), und den Fortgang dieses Kampfes haben wir keine weiteren Nachrichten. Man sollte gelegentlich bei der Deutschen Physikalischen Gesellschaft nachfragen.

(G.O. Mueller)