Blog – Jocelyne Lopez

16 – Das Forschungsprojekt G.O. Mueller zieht eine Zwischenbilanz

Nachstehend 16. Abschnitt der bisher unveröffentlichen Arbeit Das Forschungs-
projekt G.O. Mueller zieht eine Zwischenbilanz
, die im Forum von Ekkehard Friebe als Fortsetzungsreihe vorgestellt wird:

Brüches falsche Tatsachenbehauptungen

Das größte Geschenk Brüches an die Physikgeschichte ist aber in den falschen Tatsachenbehauptungen über Karl Nowak zu sehen, zu denen Nowak eine Gegendarstellung einreichte und den Abdruck verlangte. Die „Physikalischen Blätter„, vertreten durch Ernst Brüche, lehnten den Abdruck der Gegendarstellung ab, obwohl sie durch das Landespressegesetz von Baden-Württemberg dazu verpflichtet waren. Damit beginnt die Angelegenheit überhaupt erst den Schwung zu erhalten, der sie bis zum Bundesgerichtshof tragen sollte, und der uns im Anschluß an dessen letztinstanzliches Urteil eine denkwürdige Initiative der vereinigten Physiker Deutschlands bescherte, die nicht weniger als die Änderung des Pressegesetzes forderten! Die Posse gehört zum Instruktivsten, was die Physikgeschichte zu bieten hat – aber eins nach dem anderen.

Die Gegendarstellung von K. Nowak und ihr Instanzenweg

Der Inhalt der geforderten Gegendarstellung wirkt auf den unvoreingenommenen Beobachter recht harmlos. Zusammengefaßt ging es nur um folgendes:

1. Die Autoren der Zeitschrift „Wissen im Werden“ sind teils Universitätsprofessoren und damit in Physikkreisen durchaus bekannt.
2. Das Presseinterview wurde von der United Press erbeten. Darin werden auch Nowaks kritische Argumente berichtet, die in dem Artikel „Geisterreigen“ weggelassen wurden.
3. In dem Pressebericht ist ausdrücklich gesagt, daß Karl Nowak Physiker ist.

Auf die Ablehnung des Abdrucks der Gegendarstellung erhebt Nowak Klage vor dem Landgericht. Der Beklagte E. Brüche begründet die Verweigerung der Gegendarstellung damit, daß Nowak mit dem Mittel der Gegendarstellung versuche, seine unhaltbaren Auffassungen in einer Fachzeitschrift vorzutragen, die teils unrichtige Angaben enthalten, was einer wissenschaftlichen Zeitschrift nicht zuzumuten ist. Das Landgericht verurteilt die Zeitschrift zum Abdruck, weil das Recht zur Gegendarstellung die Richtigkeit der Aussagen nicht verlangt, sondern auch unrichtige Aussagen zuläßt.

E. Brüche geht in die Berufung zum Oberlandesgericht, das die Berufung zurückweist, das Urteil des Landgerichts bestätigt, aber die Revision zum Bundesgerichtshof zuläßt.

E. Brüche geht auch in die dritte und letzte Instanz, zum Bundesgerichtshof, der die Revision ablehnt, das erstinstanzliche Urteil bestätigt und die Zeitschrift zum Abdruck verurteilt. Die Frage der wissenschaftlichen Qualifikation des Klägers Nowak oder die Beachtlichkeit seiner Auffassungen sei unerheblich, weil das Landespressegesetz mit der Gegendarstellung nur das Recht auf Gehör zusichert.

Brüche hat uns den Glückfall geschenkt, daß ein Relativitätspropagandist seine Angst vor der Kritik in aller Öffentlichkeit zeigt und die wahre Einstellung der Physikmachthaber zu Kritik und Meinungspluralismus bis in die dritte Instanz hinauf demonstriert. Danach haben die „Physikalischen Blätter“ (19. 1963, H. 8, S. 377 – 381) ein ganzes Bündel von Texten abgedruckt:

(1) den einschlägigen Paragraphen des Landespressegesetzes,
(2) die Gegendarstellung von Nowak,
(3) einen Kommentar zur Gegendarstellung von E. Brüche,
(4) eine Erklärung von Gutachtern über die physikalischen Vorstellungen des Klägers Nowak,
(5) die wesentlichen Partien des Urteils des Bundesgerichtshofs v. 9.4.63 und
(6) eine Betrachtung über das Ergebnis des Rechtsstreits von E. Brüche: „Der Pyrrhussieg oder die arrogante Wissenschaft“ (S. 384).

Mit dem BGH-Urteil im April 1963 war die Posse der „Physikalischen Blätter“ gegen Nowak beendet. Die Unterwerfung der „Physikalischen Blätter“ unter das geltende Pressegesetz wurde in der akademischen Physik jedoch als derart bedrohlich für ihre schönen Theorien beurteilt, daß die Schockwellen dieses „Erdbebens“ wenige Monate später die nächste Posse auslösten, über die die Zeitschrift auf den anschließenden Seiten 382 – 383 ernsthaft berichtet, die wohl zum schönsten gehören, was die deutsche physikalische Wissenschaft nach 1945 zu Protokoll gegeben hat, ohne Not und freiwillig und mit der Autorität ihrer vereinigten Organisationen:

(G.O. Mueller)