Blog – Jocelyne Lopez

Ist das Experiment Hafele/Keating methodologisch ungeeignet, um die Zeitdilatation aus der Speziellen Relativitätstheorie nachzuprüfen?

Die Anfrage von Ekkehard Friebe an die Deutsche Physikalische Gesellschaft über das Hafele-Keating Experiment hat in mehreren Diskussionsforen ein sehr hohes Interesse erweckt und gibt Anlaß zu zahlreichen und regen Austauschen. Ich verweise hier auf einen Austausch im Forum von Ekkehard Friebe über dieses umstrittene Experiment und seine vermeintliche Bestätigung der „Zeitdilatation“ aus der Speziellen Relativitätstheorie Einsteins:

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Zitat Sebastian Hauk:
Auf jeden Fall sollte das Experiment von 1972 wiederholt werden. Es ist keine gute wissenschaftliche Vorgehensweise so ein wichtiges Experiment nicht zu wiederholen.

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Zitat Jocelyne Lopez:
Ich meine, dass auch mit einer Wiederholung dieses Experiment nicht geeignet ist, um das Postulat Einsteins und die gefolgerte „Zeitdilatation“ aus seiner SRT nachzuprüfen, geschweige denn zu bestätigen:

– die Bewegung war nicht „geradlinig„, sondern kreisförmig (um die Erde)

– die Bewegung war nicht „gleichförmig„, sondern beschleunigt (Starten und Landungen, Kurshaltung)

– die Bewegung hat nicht in einem leeren und kräftefreien Vakuum stattgefunden, sondern im Medium Atmosphäre unter Einfluß von Gravitation, Kraftfeldern und sonstigen Störfaktoren.

Dieses Experiment ist m.E. völlig ungeeignet zur Nachprüfung der SRT Einsteins.

Ich kann mir auch kein Realexperiment vorstellen, das geeignet wäre, die vermeintliche „Zeitdilatation“ (oder auch ihr Pendant die „Längenkontraktion„) nachzuprüfen und zu bestätigen. Wir sind lediglich auf die Gedankenexperimente Einsteins aus dem Bereich Science-Fiction angewiesen (Hier: Zwillingsparadoxon), die absolut keine Beweiskraft, sondern nur der Status von Behauptungen haben.

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Zitat Sebastian Hauk:
Eine Wiederholung wäre aber schon einmal sehr wichtig.
Eigentlich wird jedes Experiment in der Physik oder in einer anderen Wissenschaft mehrfach durchgeführt.

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Zitat Jocelyne Lopez:
Das stimmt. Und viele Experimente sollten eigentlich wiederholt werden (siehe zum Beispiel die Liste von 11 Experimenten, die nach Auffassung von G.O. Mueller in seinem Offenen Brief an 200 Professoren wiederholt werden sollten).

Auch eine Einwegmessung der Lichtgeschwindigkeit als „geradlinig gleichförmige“ Bewegung sollte durchgeführt werden. Bis jetzt verfügen wir nämlich nur über gemittelte Werte hin und zurück zwischen Spiegeln, was nicht die Auflage Einsteins aus seinem Postulat erfüllt. Siehe hierzu der Thread Warum keine Einwegmessung der Lichtgeschwindigkeit? oder auch Lichtgeschwindigkeit in einer Flüssigkeit, wo sogar ein Anhänger der Relativitätstheorie in unserem Forum eine Einwegmessung der LG in einer Flüssigkeit vorgeschlagen hat.

Es geht aber hier bei der Untersuchung des Hafele/Keating Experiments zu verdeutlichen, dass die etablierte Physik gar keine Hemmung hat, ein Experiment, das grundsätzlich völlig ungeeignet ist die SRT bzw. die Zeitdilatation nachzuprüfen… uns als triumphale Bestätigung der SRT zu verkaufen!

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Zitat Ekkehard Friebe:
Hierzu verweise ich auf folgenden Beitrag von Harald Maurer (Edition Mahag): Das Experiment von Hafele und Keating. Hierin heißt es zu Beginn:

Das Experiment von Hafele und Keating

(Leseprobe aus „Die Relativitätstheorie – Lehre, Wirkung, Kritik“ von Prof. Dr. rer. nat. Walter Theimer)

Hafele und Keating flogen im Oktober 1971 mit vier Cäsium-Atomuhren in fahrplanmäßigen Verkehrsflugzeugen um die Erde. Atomuhren gelten als empfindlich genug, um die in Betracht kommenden winzigen Veränderungen zu registrieren. Die Erde wurde einmal in Ost-, einmal in Westrichtung umflogen. Es wurde von einer modifizierten Relativitätstheorie ausgegangen, die einen Unterschied in beiden Richtungen voraussagt, weil die Geschwindigkeit des Flugzeugs relativ zur Erde je nachdem, ob es mit der Erddrehung oder ihr entgegen fliegt, verschieden ist. (Davon hatte Einstein nichts gesagt.) Die Ostreise dauerte 65,4 Std., davon 41,2 Std. Flugzeit. Die Westreise dauerte 80,3 Std., davon 48,6 Std. Flugzeit. Die Routen waren nicht die gleichen. Die Uhren waren gegen magnetische Einflüsse, Druck- und Temperaturänderungen geschützt.

Angewandt wurde eine Kombination der speziellen und der allgemeinen Relativitätstheorie unter Addition ihrer Effekte. Dem Ansatz Einsteins widersprach der Versuch insofern, als Einstein hinsichtlich der speziellen Theorie eine gleichförmige und geradlinige Bewegung postuliert, hier aber die Bewegung ständig wechselte; ferner wirkte hier das Gravitationspotential dauernd über die Flughöhe, nicht nur momentan an einem Wendepunkt wie bei Einstein, und es wirkte additiv. Als Unterlage wurden die Daten der Flugkapitäne (Höhe, Geschwindigkeit, geographische Breite usw.) verwendet. Die Ostreise wurde in 125 Intervalle, die Westreise in 108 Intervalle geteilt. Daraus wurden mittlere Daten berechnet.

Eine weitere Vereinfachung der Berechnungen bestand darin, daß der Gangfaktor nicht mit Quadratwurzel aus (1 – v²/c²) sondern mit 1 – v²/2c² gewählt wurde. Dabei handelt es sich um eine Näherung zur Vermeidung von Rundungsfehlern bzw. endloser Dezimalstellen. Als Vergleichsuhr auf der Erde diente eine Normal-Atomuhr gleicher Bauart im Marine-Observatorium der USA. Die Autoren betonen jedoch, daß eine Bodenuhr, weil sie sich mit der Erde dreht, nicht als ruhende Kontrolluhr verwendet werden kann. Man kann aber, sagen die Autoren, einen nichtrotierenden inertialen Raum zu dieser Uhr konstruieren. Die Geschwindigkeit der bewegten Uhr relativ zu diesem konstruierten System bestimmt ihr Gangverhalten. Der als Bezugssystem dienende hypothetische Raum entsteht aus Berechnungen, die bereits eine Verschiedenheit der Zeit im Flugzeug und am Boden voraussetzen. Es werden also schon ziemlich viele relativistische Hypothesen als Voraussetzungen der Überprüfung der Relativitätstheorie verwendet. Weiter wird vorausgesetzt, daß die Bewegung den Uhrengang ontologisch beeinflußt (Relativitätstheorie Nr. 2). Von Messungen durch relativ bewegte Beobachter mit Hilfe von Lichtstrahlen (Relativitätstheorie Nr. 1) ist längst keine Rede mehr.