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Lieber frizz, ich habe Deine Seite „Fritze im ARD“ gerade gelesen. Es ist wichtig, worüber Du berichtest, finde ich zumindest. Also hier als weiteres feed-back von mir die Geschichte eines anderen Adoptivkindes, die Geschichte meines Vaters.

Dass er Adoptivkind war habe ich als Kind nicht gewusst, er selbst hat mit uns darüber nie gesprochen, ich hielt lange meine Großeltern väterlicherseits für meine leiblichen  Vorfahren.  Unsere  Mutter  hat uns es 

 

mal erzählt, als ich vielleicht so 15 Jahre alt war, sie wusste aber selber nicht viel darüber.

 

Mein Vater wurde in San Sebastian geboren und war entweder Waise oder irgendwie von seinen Eltern abgegeben. Er wurde dann bei einer Adoptivfamilie untergebracht, dem Ehepaar Lopez, das ihn zusammen mit seinen zwei nachträglich geborenen eigenen Töchtern großgezogen hat. Mein Vater wusste, dass seine Eltern Adoptiveltern waren, er trug auch seinen eigenen Namen weiter, Gil.  

 

 

 

Als er Jugendlicher wurde brach der spanische Bürgerkrieg ein. Irgendwann verließ der Familienvater die Familie und nahm irgendwo als Kämpfer an den kriegerischen Auseinandersetzungen gegen die Truppen Francos teil. Die Familie blieb zurück im kleinen baskischen Dorf Cestona, wo sie immer gelebt hatte. Dann wurde es für die Gegner Francos auch als Zivilisten brenzlig, sie mussten den Dorf vor Ankunft der gegnerischen Soldaten verlassen, so die Mutter mit den drei Kindern auch, immer weiter in mehreren Stationen sich nach Norden in Sicherheit bringen, bis es nicht mehr ging und schließlich nach Frankreich als Kriegsflüchtlingen rüberlaufen mussten.


An der Grenze herrschte Chaos, mein Vater war zu dieser Zeit 14-15 Jahre alt. Die Mutter war alleine mit den drei Kindern. Sie hat Angst gehabt, wenn sie angibt, ihr Sohn sei nur ihr Adoptivsohn und heißt anders, dass er nicht rübergehen darf, oder dass sie getrennt werden. Sie gab an, er ist mein Sohn, er heißt Lopez, er wurde im Dorf Cestona geboren, wie die beiden Mädchen auch. An der Grenze herrschte Chaos, die Zöllner haben nicht lange gefragt und geprüft, sie durften alle vier rüber, Frau Lopez mit ihren drei Kindern.

 

Ab dann lebte mein Vater sein Leben in Frankreich, unter einem „falschen“ Namen. Aus diesem Grund konnte er auch nie die französische Staatbürgerschaft beantragen, wie die meisten spanischen politischen Flüchtlinge es getan haben, damit sie nach Spanien unbehelligt mindestens als Urlauber zurückgehen konnten – Franco hat lange gelebt… Man hätte eine Geburtsurkunde in Spanien anfordern müssen, und eine solche gibt es eben nicht, er hat Angst gehabt, dass seine Mutter wegen Fälschung Schwierigkeiten bekommen könnte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Er ist nie nach Spanien zurückgekehrt. Er sagte auch, er habe die spanische Sprache schon lange vergessen, aber ich glaube es nicht, ab und zu habe ich ihn mit seinen Schwestern spanisch sprechen gehört. Am 1. November 1972, am Tag seines 50. Geburtstages, nahm er sich das Leben.

 

Als ich heiratete, habe ich mich entschieden meinen Mädchennamen weiterzuführen. Zu Ehren meiner Großmutter.

No pasaran!


 


 

 

 

 

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