Blog – Jocelyne Lopez

Austausch mit Herrn Dr. Markus Poessel vom 28.09.08

Ich erhielt im Zusammenhang mit dem Austausch mit Herrn Dr. Markus Pössel vom 21.09.08 folgende E-Mail-Antwort:

Von Markus Pössel
An Jocelyne Lopez
Datum: 28.09.08
Betr: Frage zur Speziellen Relativitätstheorie

Sehr geehrte Frau Lopez,

ich kann Sie natuerlich nicht zwingen, mir bei meiner Schritt-fuer-Schritt-Darstellung zu folgen, obwohl ich solch ein systematisches Vorgehen nach wie vor fuer das beste halte. Stattdessen, wie gewuenscht, direkt zu den Fragen in Ihrer letzten Mail:

Fuer die Laengenmessung gibt es bei Einstein entgegen Ihrer Behauptung in Ihrer letzten Mail keineswegs eine andere Messvorschrift als bei Newton. Die Messvorschrift, die ich in meinen letzten Mails entwickelt habe, ist sowohl in der Speziellen Relativitaetstheorie wie auch in der klassischen Physik gueltig.

Werden wie in Ihrem Beispiel von zwei verschiedenen Bezugssystemen aus Laengen gemessen, macht sich bemerkbar, dass bei der Messung der Gleichzeitigkeitsbegriff des jeweiligen Bezugssystems eingeht. Das Ergebnis der Laengenmessung haengt damit eben nicht nur von den Eigenschaften des Objekts ab, dessen Laenge gemessen wird, sondern ueber den Gleichzeitigkeitsbegriff auch vom Bezugssystem, in dem die Messungen stattfinden.

In der Speziellen Relativitaetstheorie ist Gleichzeitigkeit relativ: relativ zueinander bewegte Bezugssysteme beurteilen unterschiedlich, welche Ereignisse gleichzeitig stattfinden. Deswegen erhaelt man fuer die Laenge ein und desselben Objekts unterschiedliche Messergebnisse, je nachdem, in welchem Bezugssystem die Messung vorgenommen wird. Denn, wie gesagt, bei der Laengenmessung geht der Gleichzeitigkeitsbegriff des Bezugssystems ein.

Ist einer der von den verschiedenen Bezugssystemen aus gemessenen Laengenwerte richtig, und sind alle anderen zwangslaeufig Fehlmessungen? Keineswegs. Ebenso wenig wie der Umstand, dass die Geschwindigkeit ein und desselben Objekts von einem Bezugssystem aus gemessen 30 km/h betraegt, von einem zweiten Bezugssystem aus gemessen aber nur 20 km/h, bedeutet, dass einer dieser Werte eine Fehlmessung ist. Jeder der verschiedenen Messwerte ist der richtige Wert relativ zu dem Bezugssystem, in dem er gemessen wurde.

Ist es ein logischer Widerspruch, dass verschiedene Messergebnisse vorliegen? Ebenso wenig wie sich aus den erwaehnten 30 km/h und 20 km/h schliessen liesse, dass die klassische Physik auf die widerspruechliche Gleichung 30 = 20 fuehrt. In beiden Faellen haengt das Messergebnis vom Bezugssystem ab.

Mit den besten Gruessen,
Markus Poessel

P.S.: Ich stimme der Aussage zu, dass die klassische Geschwindigkeitsaddition falsch, aber in der Praxis (naemlich bei den im Alltag ueblichen Geschwindigkeiten, die im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit sehr klein sind) eine gute Naeherung ist, wenn es gilt, aus in einem Bezugssystem A gemessenen Geschwindigkeiten auf in einem relativ zu A bewegten Bezugssystem B gemessene Geschwindigkeiten zu schliessen.

Hierzu meine Antwort am selben Tag:

Von Jocelyne Lopez
An Markus Pössel
Datum: 28.09.08
Unser Austausch vom 21.09.08

Sehr geehrter Herr Dr. Pössel,

Vielen Dank für Ihre E-Mail vom 28.09.08.
Sie schreiben:

In der Speziellen Relativitaetstheorie ist Gleichzeitigkeit relativ: relativ zueinander bewegte Bezugssysteme beurteilen unterschiedlich, welche Ereignisse gleichzeitig stattfinden. Deswegen erhaelt man fuer die Laenge ein und desselben Objekts unterschiedliche Messergebnisse, je  nachdem, in welchem Bezugssystem die Messung vorgenommen wird.

Das habe ich schon seit vielen Jahren zur Kenntnis genommen, dass in der Speziellen Relativitätstheorie die Messergebnisse für die materielle Länge eines Objektes verschiedentlich ausfallen, je nach der Geschwindigkeit des Beobachters. Das wusste ich ja schon lange bevor wir unseren Dialog aufgenommen haben, das ist also an dieser Stelle keine neue Erkenntnis für mich.

Ausgerechnet meine Frage war nämlich, welches von zwei verschiedenen Messergebnissen als wahr und als der exakteste Wert für die materielle Länge eines Objekts anzusehen und als gültig zu erklären sei. Diese Frage haben Sie jetzt in Ihrem P.S. dankenswerterweise beantwortet: Das Messergebnis, das man nach Einstein erhält unter der mathematischen Berücksichtigung der Längenkontraktion – sprich der Geschwindigkeit des Beobachters – ist die exaktstete materielle Länge eines Objektes, wobei das Messergebnis ohne Berücksichtung dieser Längenkontraktion lediglich eine gute Näherung in unserer Alltagsdimension ist.

Damit sind erfreulicherweise erst einmal verwirrende Meinungsverschiedenheiten ausgeräumt, womit man in Internetdiskussionen gängig konfrontiert wird, sogar zwischen ausgebildeten Physikern.

In diesem Zusammenhang habe ich auch in Foren folgende Austausche geführt, die mich sehr perplex gestimmt haben. Ich habe folgende Frage gestellt:

Wenn ich ruhend meinen Schreibtisch mit 1 m messe und beim Laufen mit 90 cm messe, sind beide Werte wahr und ich kann mich verbindlich darauf verlassen, dass er in eine Lücke von 90 cm auf jeden Fall passt?

Auf diese Frage habe ich von mehreren Teilnehmern sinngemäß die Antwort bekommen:

Wenn Du die Lücke beim Laufen gemessen hast: Ja.

Darauf hin habe ich erwidert:

Eure Argumentierung ist nur dann schlüssig und logisch haltbar, wenn beim Laufen mein materieller Maßstab sich auch entsprechend verkürzt. Sonst klappt das hinten und vorne nicht. Das wäre sonst vergleichbar mit der Situation, wo ich z.B. meinen Schreibtisch mit einem Maßstab in Meter und die Lücke mit einem Maßstab in Zoll messen würde, oder andersrum. Da läuft nichts Gescheites… 

Und bei der Meßvorschrift der SRT verkürzt sich bei der Messung beim Laufen zwar das Objekt, jedoch der Maßstab bleibt invariant. Da läuft auch nichts Gescheites…

Daraufhin erwiderte ein Teilnehmer:

Nein, in der Relativitätstheorie sind Maßstäbe eben nicht invariant, sondern abhängig vom Beobachter. Das nennt man Längenkontraktion.

Wieso sind in der Speziellen Relativitätstheorie die Maßstäbe nicht invariant sondern veränderlich??!

Mir ist nämlich schon von der Grundschule bekannt, dass man in der Physik und in der Empirie einen Maßstab immer als invariant voraussetzt und zweckmäßigerweise voraussetzen muß. Sonst wären wohl keine brauchbaren Längenmessungen in der Empirie, in der Technologie und in der Physik zu erzielen, das leuchtet wohl jedem ein. Ausgerechnet deshalb haben ja auch die Menschen seit jeher unveränderliche Maßstäbe per Konvention festgesetzt und Maßeinheitssysteme entwickelt.

Mir ist auch schon lange bekannt, dass Einstein in seiner neuen Meßvorschrift der SRT die Lichtgeschwindigkeit als Maßstab verwendet, und dass er ganz im Gegenteil postuliert, dass sie absolut invariant ist.

Meine Frage:

Was ist nun jetzt richtig: Ist die Lichtgeschwindigkeit invariant oder ist sie abhängig vom Beobachter?

Mit freundlichen Grüßen
Jocelyne Lopez



Comments

  1. Oktober 7th, 2008 | 10:02

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  2. Oktober 19th, 2008 | 17:51

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