Blog – Jocelyne Lopez

Prof. Gottfried Anger zur Mathematik und zum Mathematismus

Im Rahmen meines Eintrags 2008, Jahr der Mathematik oder des Mathematismus? zitiere ich nachstehend Aussagen von Prof. Gottfried Anger aus seinem Brief vom 22.03.08 an den Präsidenten der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, komplett veröffentlicht im Forum von Ekkehard Friebe:

Sehr geehrter Herr Prof. Umbach,

mit großem Interesse habe ich das Interview

Wir wollen uns einmischen: Nobelpreise, Spitzenforschung, gesellschaftliche Debatte – Eberhard Umbach über die Stellung der Physik

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in der Berliner Zeitung DER TAGESSPIEGEL vom 25.2.2008 auf Seite 25, gelesen. Die Physik hat auf Teilgebieten, speziell im atomaren Bereich, hervorragende Ergebnisse erzielt. In den Ingenieurwissenschaften werden diese Teilergebnisse zu leistungsfähigen Maschinen zusammengesetzt.

Ganz anders sieht es bei physikalischen Problemen in der offenen Natur (Geophysik, Biologie, Medizin usw.) aus. Man will aus Messungen, die Mittelwerte über die atomaren Strukturen sind, auf die innere komplexe Struktur schließen. Die Materie besteht aus überdurchschnittlich vielen Atomen. So enthält ein Kubikzentimeter Wasser ca. 10hoch22 Atome, ein Festkörper ca. 10hoch23 Atome. Dabei ist die genaue Anzahl der verschiedenen Atome und deren Lage praktisch unbekannt. Außerdem können Computer solche große Systeme nicht berechnen. Daher ist der Wissenschaftler beim Umgang mit Materie auf praktische Erfahrungen angewiesen. Für Fragen der Natur ist die Wissenschaft zugunsten praxis cum theoria umzubauen. Dieses zieht in der Medizin wesentliche Veränderungen hinsichtlich praktischer Erfahrungen nach sich, die an den Universitäten zu wenig gelehrt werden. Physiker, Mathematiker und Informatiker können mathematische Untersuchungen nur dann für die Anwendungen verwenden, wenn die Modelle den Prozess voll beschreiben.

Die Leistungsfähigkeit der mathematischen Modelle der theoretischen Physik ist kaum untersucht worden. Dabei hatte der berühmte englische Physiker Sir Isaac Newton in seinem Buch Principia 1687 bereits daraufhin gewiesen, dass in der Experimentalphysik nur die Erscheinungsformen (Realität) der Natur von Bedeutung sind und nicht Hypothesen. Man findet diese Bemerkungen in der deutschen Übersetzung der Principia von 1872, Seite 511. Allerdings beachten fast alle theoretischen Physiker diese grundlegenden Aussagen nicht. Vom mathematischen Standpunkt aus sind die Untersuchungen der Modelle korrekt. Ohne den Nachweis der Gültigkeit der Ergebnisse in der Natur bleiben diese Ergebnisse ohne Bedeutung für die Experimentalphysik. Daher gibt es weitreichende Kritik an den Ergebnissen der theoretischen Physik und das vollkommen zu recht.
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Der Physiker Wolfgang Neundorf schreibt im Internet

Das Fatale an der etablierten Wissenschaft ist nicht so sehr, dass sie sich irrt, das ist menschlich. Fatal ist, dass die amtierenden Wissenschaftspäpste ihr Vermutungen als ‚Wissen‘ und ihre, größtenteils waghalsigen, Theorien als ‚Gesetze‘ ausgeben. Noch schlimmer wird das Ganze dadurch, dass jeder Wissenschaftler, der den manchmal höchst abenteuerlichen Thesen widerspricht, seine Kariere und oft seine Existenz riskiert. Wie abenteuerlich und in weiten Teilen lächerlich und gerade zu grotesk zum Beispiel die theoretische Physik ist, die Anfang und Ende des Universums zu erklären versucht.

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Die Deutsche Physikalische Gesellschaft muss sich diesen Fragen unbedingt stellen, um die Bundesrepublik Deutschland im internationalen Rahmen konkurrenzfähig zu erhalten.

(Prof. Gottfried Anger)